Der gesetzliche Mindestlohn ab 01.01.2022 und seine Folgen

16.12.2021

Der gesetzliche Mindestlohn

Ab 01.01.2022 wird der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn erneut angehoben. Folgende Mindestlöhne sind zukünftig zu beachten:

01.07. – 31.12.2021 (bisher)9,60 Euro
01.01.– 30.06.20229,82 Euro
01.07. – 31.12.202210,45 Euro

Für monatliche bzw. jährliche Festvergütungen sowie bei Akkord- und Stücklöhnen ist der Stundenlohn durch Berechnung zu ermitteln. Der ermittelte Stundenlohn darf in keinem Fall den Mindestlohn unterschreiten.

Der Mindestlohn gilt für Beschäftigungsorte in Deutschland, unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmer hat oder wo sich sein Wohnsitz befindet. Der Unternehmenssitz des Arbeitgebers ist ebenfalls ohne Bedeutung. Somit fallen auch Grenzgänger, Wanderarbeiter und Saisonarbeitskräfte unter die Regelungen.

Anrechenbar sind Gehaltsbestandteile auf den Mindestlohn immer dann, wenn sie als Gegenleistung für die Arbeitsleistung gezahlt werden und es sich um Barlohn handelt. Selbst auf die Bezeichnung einer Entgeltzahlung („Sonderzuwendung“, „Zuwendung Weihnachtsgeld“ etc.) kommt es nicht an, wenn der Entgeltcharakter deutlich im Vordergrund steht und die Leistungen monatlich bis zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden.

Nicht angerechnet werden Entgeltzahlungen, auf die kein Anspruch besteht, z. B. Trinkgelder. Weitere Beispiele, die nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden können, sind Nachtarbeitszuschläge, Zahlungen zur Honorierung der Betriebstreue sowie Sachbezüge. Wenn der Mindestlohnanspruch nicht bereits mit dem Grundlohn erfüllt ist, sollte daher eine genaue Prüfung der Entgeltbestandteile erfolgen.

Achtung: Bei Minijobs ist besonders auf die maximal mögliche monatliche Stundenzahl zu achten. Bis zum 31.12.2021 dürfen Minijobber noch 46,8 Stunden pro Monat arbeiten, ohne dass die 450-EUR-Grenze überschritten wird (9,60 € x 46,8 Stunden = 449,28 €). Ab dem 01.01.2022 können aufgrund des höheren Mindestlohns nur noch maximal 45,8 Stunden/Monat vereinbart werden, ohne dass die 450 EUR-Grenze überschritten wird.

Tipp:

Wir empfehlen aus Gründen der Praktikabilität immer in vollen Stunden zu rechnen, insofern sind ab dem 01.01.2022 maximal 45 Stunden monatlich als Arbeitszeit für Minijobber zu vereinbaren.

Ausnahmen vom Mindestlohn

Ausnahmen vom Mindestlohn bestehen nur für wenige gesetzlich definierte Personengruppen.

Folgende Personen fallen nicht unter die Regelungen des Mindestlohngesetzes:

  • Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum im Rahmen ihrer Schul- oder Berufsausbildung oder eines Studiums absolvieren.
  • Freiwillige Praktika während Studium oder Ausbildung sind für drei Monate ausgenommen. Es darf aber zuvor nicht bereits ein Praktikumsverhältnis mit dem Unternehmen bestanden haben.
  • Freiwillige Praktika zur Berufsorientierung oder Orientierung der Studienwahl sind ebenfalls für bis zu drei Monate vom Mindestlohn befreit.
  • Personen unter 18 Jahren ohne Berufsausbildung
  • Auszubildende (ACHTUNG: seit 01.01.2020 gelten Mindestausbildungsvergütungen!)
  • Ehrenamtliche
  • Langzeitarbeitslose (in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung)

Für Praktikanten muss bereits vor Aufnahme der Tätigkeit ein schriftlicher Praktikumsvertrag unterzeichnet sein.

Die Mindestangaben im Praktikumsvertrag sind:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Lern- und Ausbildungsziele, Beginn und Dauer
  • Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit
  • Zahlung und Höhe der Vergütung
  • Dauer des Urlaubs
  • allgemeine Hinweise auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.

Zusätzlich müssen bei Praktikanten entsprechende Nachweise der Hochschule zu den Lohnunterlagen genommen werden (z. B. Studien-/Ausbildungsordnung, Immatrikulationsbescheinigung).

ACHTUNG:

Eine Unterschreitung des Mindestlohns, mit Ausnahme der genannten Personengruppen, ist nicht zulässig.

Aufzeichnungspflichten

Besondere Aufzeichnungspflichten fordert das Mindestlohngesetz für alle Minijobs und kurzfristig Beschäftigten (Ausnahme Minijobs im Privathaushalt) und darüber hinaus für alle Arbeitnehmer in den folgenden Branchen:

  • Baugewerbe
  • Fleischwirtschaft
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • Personenbeförderungsgewerbe
  • Speditions-, Transport-, und Logistikgewerbe
  • Schaustellergewerbe
  • Unternehmen der Forstwirtschaft
  • Gebäudereinigungsgewerbe
  • Unternehmen beim Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen
  • Prostitutionsgewerbe
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe

Der Arbeitgeber hat Beginn und Ende sowie Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen müssen spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages beim Arbeitgeber vorliegen. Die Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre, sollten aber besser vier Jahre, aufbewahrt werden.

Durch die Mindestlohn-Dokumentationspflichten-Verordnung wurden die Aufzeichnungspflichten für Personen mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn über 2.958 EUR bzw. 2.000 EUR und für bestimmte Familienangehörige gelockert. Die Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen bleiben vom MiLoG unberührt. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeit von acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Zudem bestehen für bestimmte Branchen Aufzeichnungspflichten nach Arbeitnehmerentsendegesetz.

Arbeitszeitkonto nach MiLoG

Die Unterschreitung des Mindestlohns durch Überstunden ist dann möglich, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag schriftlich ein MiLoG-Arbeitszeitkonto vereinbart haben. Überstunden, durch welche der Mindestlohn unterschritten wird, müssen dann auf dieses Arbeitszeitkonto eingestellt werden und innerhalb von zwölf Monaten durch bezahlten Freizeitausgleich oder durch die Zahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden. Zudem dürfen die monatlich eingestellten Stunden 50 % der monatlich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

Generalunternehmerhaftung

Auftraggeber haften bei Werk- und Dienstleistungsverträgen verschuldensunabhängig auch dafür, dass ihre Auftragnehmer und deren Nachunternehmer ihren Mitarbeitern den Mindestlohn bezahlen. Es sollte daher stets eine sorgfältige Prüfung bei der Beauftragung von Subunternehmen erfolgen. Zudem empfehlen wir vom Auftragnehmer eine Bestätigung der Zahlung des Mindestlohns sowie eine Freistellungserklärung einzuholen.

Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder

Verstöße gegen den Mindestlohn und gegen die Aufzeichnungspflichten stellen eine Ordnungswidrigkeit dar. Für Verstöße gegen die Zahlung des Mindestlohns können Bußgelder bis 500.000 EUR verhängt werden. Zusätzlich kann es zu Bußgeld- bzw. Strafverfahren aufgrund von nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen kommen. Verstöße gegen die Aufzeichnungspflichten können zu Bußgeldern bis 30.000 EUR führen. Bei Bußgeldern von mehr als 2.500 EUR kann zudem der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgen.