Geheimsache Umsatzsteuerpauschalierung in der Landwirtschaft / Winzer – Was Sie jetzt schon wissen sollten!

11.10.2020

Es wird viel diskutiert und vermutet. Fakt ist jedoch, dass aufgrund des anhängigen Klageverfahrens beim Europäischen Gerichtshof und den bisherigen Äußerungen der EU-Kommission Einschränkungen der Umsatzsteuerpauschalierung unvermeidlich sind. Das von der EU eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland läuft und wird hoffentlich nicht durch ein Urteil aus Luxemburg entschieden. Bekanntlich ist man „vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand“, so dass auch massive Verschlechterungen nicht ausgeschlossen wären. Das Ansinnen der Bundesrepublik Deutschland, einem Urteil durch eine außergerichtliche Einigung zuvorzukommen, ist daher auf jeden Fall zu begrüßen.

Wie weit dieser Deal bereits vorangeschritten ist, wissen nur wenige Eingeweihte. Man liest seit Längerem von einer neuen Umsatzgrenze, bei deren Überschreitung die Pauschalierung entfallen soll. Läge diese bei 600.000 €, könnten viele Betriebe der Neuregelung gelassen entgegensehen. Problematischer wäre schon die Befürchtung, dass neu entstehende Betriebe gänzlich ausgeschlossen werden. Dahinter steckt sicherlich der Gedanke, Umgehungen der Umsatzgrenze durch Betriebsteilungen zu verhindern. Eine solche Regelung würde aber weit über das Ziel hinausschießen, da jede Hofverpachtung an den Nachfolger – im Rahmen einer gleitenden Hofübergabe – zum Verlust der Pauschalierung für die künftigen Übernehmer führen würde.

Das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2020 ist angelaufen. Man wäre nicht überrascht, wenn kurz vor knapp eine mögliche Neuregelung der Pauschalierung ins Gesetz einfließt. Damit drohen Verschärfungen bereits ab dem 1.1.2021. Betriebe, die bereits erhebliche Investitionen im Gebäude und Maschinenbereich durchgeführt haben oder diese angehen wollen, sollten sich ohnehin mit der Frage beschäftigen, ob sie durch eine Option zur Regelbesteuerung eine Mitfinanzierung über den tatsächlichen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf das mögliche Auslaufen der Pauschalierung im Zuge einer Neuregelung sollten daher solche, in die Zukunft investierende Betriebe bereits jetzt den Weg in die Option ernsthaft ins Auge fassen.

Kommt es durch den politischen Deal zu einer zwangsweisen Überführung bestimmter Betriebe in die Regelbesteuerung, gelangen diese für bereits durchgeführte Investitionen nur über die sogenannte Vorsteuerberichtigung in einen nachträglichen, nur anteiligen Genuss ihrer Vorsteuern. Nur wer rechtzeitig zur Regelbesteuerung optiert, kann sich von Anfang an die Vorsteuererstattung als Einmalbetrag für seine Investitionen sichern. Als entscheidendes Datum wird sich hier sicherlich der 10. Januar 2021 herausstellen. Denn bis zum Ablauf des 10. Januar des nachfolgenden Jahres kann der Betriebsinhaber rückwirkend für das Vorjahr zur Regelbesteuerung optieren. Ein entsprechender Antrag beim Finanzamt sichert so sämtliche Vorsteuern des Jahres 2020.

Auch wenn im Regelfall eine frühzeitige Option zu Beginn des laufenden Investitionsjahres sinnvoll ist, dürfte der finanzielle Vorteil hier selbst eine rückwirkende Option lukrativ erscheinen lassen.